Information der Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 5 BGB

Rechtsstand 01.05.2010



Durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) wurden die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung in den letzten Jahren verschärft. Arbeitnehmer konnten noch Jahre danach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen, da wegen fehlerhafter Unterrichtung die Widerspruchsfrist noch nicht lief.

Nach der neuen Rechtsprechung des BAG muss die Unterrichtung folgende Punkte enthalten:
  • Die ladungsfähige Anschrift (Firmenbezeichnung und Anschrift) des Betriebsübernehmers. Die Angabe der Handelsregisternummer ist nicht erforderlich. Der Firmensitz und die Adresse des Erwerbers ist jedoch auf jeden Fall anzugeben. Auch die Organe des Übernehmers, z. B. Geschäftsführer bei einer GmbH, sollten angegeben werden. Dabei ist besondere Sorgfalt zu wahren, da das BAG schon bei fehlerhafter Bezeichnung des Vornamens des Geschäftsführers die Ordnungsmäßigkeit der Unterrichtung infrage stellt.
     
  • Den Gegenstand des Betriebsübergangs. Insbesondere dann, wenn ein Betriebsteil übergehen soll, ist dieser hinreichend genau zu definieren. Ggf. ist anzugeben, woraus sich die Zuordnung des Arbeitnehmers zu dem Betriebsteil ergibt.
     
  • Den Hinweis, dass die Rechte und Pflichten, die sich unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag ergeben, kraft Gesetzes unverändert weitergelten.
     
  • Den Hinweis, dass Rechte und Pflichten, die sich aus einem Tarifvertrag (für tarifgebundene Arbeitnehmer) oder einer Betriebsvereinbarung ergeben, Inhalt der arbeitsvertraglichen Regelungen werden und beim Erwerber innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden dürfen.
     
  • Den Hinweis, dass die Fortgeltung der Rechte und Pflichten aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen nicht zum Tragen kommt, wenn gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Normen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt sind. Dabei ist auf die beim Erwerber bestehenden tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen hinzuweisen. Im Hinblick auf tarifvertragliche Regelungen ist auf die Notwendigkeit kongruenter Tarifbindung hinzuweisen.
     
  • Darzustellen ist die Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers gegenüber dem Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer sind darüber zu unterrichten, dass der Betriebsveräußerer neben dem Betriebserwerber für Verpflichtungen nach Abs. 1 gemäß § 613a Abs. 2 BGB haftet, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden und dass die Haftung auf den Umfang beschränkt ist, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht. Auch insoweit muss die Formulierung äußerst sorgfältig erfolgen und die Regelungen des § 613a Abs. 2 BGB vollständig enthalten. Abweichungen können sich beim Betriebsübergang in der Insolvenz ergeben.
     
  • Fragen des Kündigungsschutzes. Die Arbeitnehmer sind darauf hinzuweisen, dass eine Kündigung sowohl durch den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Inhaber wegen Übergangs des Betriebs oder Betriebsteils unwirksam, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen aber möglich ist. Darüber hinaus ist ggf. darüber zu unterrichten, dass bei dem Erwerber Kündigungen in Aussicht stehen. Im Falle des Betriebsübergangs in der Insolvenz ist auf die kündigungsrechtlichen Besonderheiten hinzuweisen.
     
  • Der Unterrichtungsverpflichtete wird auch darauf hinzuweisen haben, dass dem Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB in der dort genannten Frist das Widerspruchsrecht zusteht.
Die Unterrichtung sollte zudem im Einzelnen alle in § 2 Abs. 1 NachwG aufgeführten sowie sonstigen wesentlichen Arbeitsbedingungen ansprechen, die den Arbeitnehmer betreffen.

Die Darstellung der rechtlichen Folgen muss sorgfältig erfolgen.

In einem Informationsschreiben hieß es z. B., dass "sich der Erwerber verpflichtet hat, alle vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen." Das BAG sieht darin eine unzutreffende Information, da sich die Rechtsfolgen zwingend aus § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergeben, ohne dass es zu der Übernahme einer Verpflichtung durch den Erwerber bedurfte. Es könne bei dem Erklärungsempfänger der Eindruck entstehen, dass die Fortgeltung der Vertragsbedingungen im Belieben des Erwerbers stehen könnte.

Im Informationsschreiben war zudem darauf hingewiesen worden, dass für die Dauer von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, die Arbeitsbedingungen nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden können. Auch dies war nach Auffassung des BAG nicht hinreichend, da die einjährige Veränderungssperre nur für transformierte Regelungen eines zwingend geltenden Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung gilt.

Nicht ausreichend ist auch, wenn allgemein darauf hingewiesen wird, dass "bislang geltende Betriebsvereinbarungen weiter Anwendung finden". Insofern ist zu ergänzen, ob sie kollektiv-rechtlich oder individualrechtlich fortgelten.

Darüber hinaus kann im Einzelfall über wirtschaftliche Sekundärfolgen des Betriebsübergangs zu unterrichten sein. Der Arbeitnehmer ist daher ggf. auf weitere, sich nicht unmittelbar aus § 613a Abs. 1 bis 4 BGB ergebender Folgen hinzuweisen, die für die Entscheidung über die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB von Bedeutung sein können. Das sind z. B.:
  • Ggf. Zuständigkeit eines Betriebsrats mit genauer Bezeichnung und Hinweis auf Ablauf der Sechs-Monats-Frist bei Übergangsmandat.
     
  • Nichtbestehen eines Betriebsrats beim Betriebserwerber bzw. eingeschränkte Rechte des Betriebsrats beim neuen Erwerber wegen Nichterreichen bestimmter Schwellenwerte aus dem BetrVG (z. B. § 99 BetrVG: 20 Arbeitnehmer für Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten).
     
  • Ggf. Nichtbestehen von Kündigungsschutz beim Erwerber, wenn die erforderliche Arbeitnehmerzahl nach § 23 KSchG (mehr als 5/10 Arbeitnehmer) nicht erreicht wird.
     
  • Laufendes Insolvenzverfahren beim Betriebserwerber.
     
  • Unmittelbar bevorstehende Umstrukturierungsmaßnahmen beim Betriebserwerber.
     
  • Geplante Kündigung von Entgeltbestandteilen durch den Erwerber oder sonstige Entgeltanpassungen.
     
  • Bestehen oder bevorstehender Abschluss eines Interessenausgleichs oder Sozialplanes, soweit Ansprüche, insbesondere aus dem Sozialplan, bestehen können.
Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich nicht über Betriebsrentenanwartschaften informiert werden, da Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung keine Folge des Betriebsübergangs sind. Sie entstehen bis zum Zeitpunkt des Übergangs ohne Rücksicht auf diesen und bestehen danach unabhängig vom Handeln des Veräußerers oder des Erwerbers weiter. Etwas anderes kann sich in Einzelfällen aus Treu und Glauben ergeben.