Geschichte der Konsumgenossenschaften in Deutschland
1845/1850 – erste Gründungen in Deutschland
1894 – „Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine m.b.H. – GEG“
1903 – Gründung des „Zentralverbandes deutscher Konsumvereine eG“ in Dresden
1933 bis 1945 – politische Einflussnahme und Zerschlagung der Konsumgenossenschaften
1945 – Befehl zur Wiedereinrichtung der Konsumgenossenschaften
1949 – Gründung des „Verbandes Deutscher Konsumgenossenschaften eG (VDK)“ in der Sowjetischen Besatzungszone
1989/1990 – Zeiten des Umbruchs und des Neuanfangs
KONSUM heute
1848
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Nachdem sich Anfang 1844 weitere Arbeiter der Gruppe anschlossen, reifte die Idee, gemeinsam einen Laden zu eröffnen, für diesen Waren einzukaufen und an die Mitglieder weiterzuverkaufen – ohne Händlerprofit, betrügerische Manipulationen an Gewicht oder Qualität.
Vor der Gründung und Eintragung und der späteren Eröffnung des Ladens legten die Pioniere genau fest, wie sie die Genossenschaft aufbauen und nach welchen Prinzipien sie handeln wollten.
Prinzipien der Genossenschaften gelten bis heute
Die Prinzipien der ersten Genossenschaft haben auch heute noch Bestand:
- die Versorgung der Mitglieder mit preisgünstigen und qualitativ hochwertigen Waren
- offene Mitgliedschaft
- politische und religiöse Neutralität
- demokratische Selbstverwaltung
- Verzicht auf Profitorienierung (keine Ausrichtung am Shareholder Value)
- Rückvergütung der Gewinne an die Mitglieder
§ 1 der Satzung der „Redlichen Pioniere von Rochedale“
„Ziel und Zweck dieser Genossenschaft ist es, für den materiellen Nutzen und die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Mitglieder Rechnung zu tragen …“
Ausführliche Informationen zur Geschichte der Rochdaler Pioniere können Sie in unseren Veröffentlichtungen „GenoSplitter“ aus dem Jahr 2019 nachlesen.
1845 – Spar- und Konsumverein „Ermunterung“ in Chemnitz
Es ist wenig bekannt über die Gründung dieses ersten Vereins – es war noch keine Genossenschaft. Zu seinen Zielen gehörten die Verteilung von Waren, die zuvor nach einem bekannten Bedarf eingekauft wurden. Es gab anfangs auch kein Geschäftskapital, dieses wurde erst 1874 eingeführt. Es wurden Dividenden gezahlt – eine Rückvergütung auf die Einkäufe.
Der erste Konsumverein wurde 1868 gegründet: der Allgemeine Konsumverein für Chemnitz und Umgegend.
- die Konsumgenossenschaft Burg-Genthin-Zerbst eG – Gründung 1866 als Konsumverein zu Burg
- die Konsumgenossenschaft Weimar eG – Gründung 1873
- die Konsum Leipzig eG – Gründung 1884 als Consum-Verein für Plagwitz und Umgegend
- die KONSUM DRESDEN eG – Gründung 1888 als KONSUM Verein Vorwärts zu Dresden und Umgebung
Seit 1906 ist das GEG-Zeichen als Schutzmarke eingetragen und gilt als Symbol für die Eigenproduktion der GEG. Ab 1910 errichtete bzw. übernahm die GEG Produktionsbetriebe, beispielsweise die neugebaute Seifenfabrik in Riesa, die Teigwarenfabrik in Riesa-Gröba und seit 1925 die Bürstenfabrik in Stützengrün, heute Bürstenmann GmbH – ein Unternehmen der Zentralkonsum eG. ► Bürstenmann GmbH
Es entstanden Warenlager in Mannheim, Berlin, Düsseldorf und in Chemnitz. ► Neue Kauffahrtei Chemnitz
Die Idee der Konsumvereine setzte sich durch: 1907 gab es rund 1 200 Konsumvereine im Deutschen Reich, denen über eine Million (Einzel-)Mitglieder angehörten. Neben dem Zentralverband deutscher Konsumvereine eG, in dem rund 80% der Konsumvereine organisiert waren, gab es als zweiten konsumgenossenschaftlichen Verband den Reichsverband deutscher Konsumvereine e.V.
1933 wurde der Zentralverband von der NS-Regierung aufgelöst, ebenso die Verlagsgesesellschaften des Zentralverbandes und der Reichsverband deutscher Konsumvereine.
Konsumgenossenschaften gründeten sich europaweit
Aufgaben des Zentralverbandes
- Sammlung und Organisation der deutschen Konsumvereine und Produktivgenossenschaften zur Pflege und Wahrnehmung ihrer gemeinsamen Interessen mit vereinten Mitteln und Kräften.
- Die Fortbildung der Verfassung und der Errichtung der verbundenen Vereine sowie die Pflicht des Genossenschaftsrechts und die Förderung des Genossenschaftswesens im allgemeinen.
- Die Förderung des gemeinsamen Wareneinkaufs und Warenbezugs.
1941 wurden die Konsumgenossenschaften nach Zwangsliquidierungen, Übergriffen und Zerstörungen endgültig enteignet. Sie wurden an private Einzelhändler übergeben oder als „Versorgungsringe“ der Deutschen Arbeitsfront übereignet.
► weitere, ausführliche Informationen finden Sie auf www.konsum-info.de
Die Genossenschaft muss einem Verband angehören, dem das Prüfungsrecht verliehen ist (Prüfungsverband).
Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) legte mit ihrem Befehl Nr. 176 vom 18. Dezember 1945 die Rolle der Konsumgenossenschaften in ihrer Besatzungszone fest: der Konsum sollte Lebensmittel und grundlegene Bedarfsgüter für die Bevölkerung in Groß- und Einzelhandel verteilen, die dazu notwendigen Transportkapazitäten bereitstellen sowie diese Güter auch selbst produzieren. Mit diesem Befehl waren die Konsumgenossenschaften nicht nur offiziell wieder zugelassen, sondern erhielten auch eine erhöhte Bedeutung gegenüber der Zeit vor 1933. Im Unterschied zur Zeit von 1933 durfte nun auch an Nicht-Mitglieder verkauft werden. Der Befehl verfügte weiterhin die Rückübertragung des früheren Eigentums der Konsumgenossenschaften, die sich in Hand der Versorgungsringe sowie von Privatpersonen und öffentlichen Einrichtungen befanden.
Doch der Staat brauchte den Konsum für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Aus diesem zwiespältigen Verhältnis entstanden Akzeptanz und gleichzeitig Einordnung in die staatliche Planung, was in Bezug auf die Festlegung von Löhnen sowie von Preisen für den Ein- und Verkauf allenfalls minimalen Spielraum zuließ.
Die Genossenschaften waren auch bei der Finanzierung von Investitionen sowie der Zahlung einer Gewinnabgabe an staatliche Vorgaben gebunden. Ungeachtet der Tatsache, dass sie private Handelseinrichtungen waren und ihren Mitgliedern gehörten.
Die Konsumgenossenschaften der DDR waren in 14 Bezirksverbänden organisiert, im Verband der Konsumgenossenschaften der DDR (VdK) vereinigt und jeweils einzeln im Genossenschaftsregister registriert.
Der Verband selbst war als sogenanntes wirtschaftsleitendes Organ für die Einhaltung und Erfüllung staatlicher Vorgaben, speziell gegenüber dem Ministerium für Handel und Versorgung, verantwortlich.
Mit der Währungs- Wirtschafts- und Sozialunion am 01. Juli 1990 mussten sich die Entscheider bei den Konsumgenossenschaften vielfältigen neuen Herausforderungen stellen: dem bislang ungestillten Wunsch der Ostdeutschen nach Westwaren, dem Fehlen eines eigenen Großhandels für die Genossenschaften, ungeklärten Eigentumsverhältnissen bei Grund und Boden und daraus folgender fehlender Kreditwürdigkeit. Mit dem Wechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft musste jedes Unternehmen plötzlich selbst entscheiden, wie es handeln will. Auch gab es im Einigungsvertrag keine Regelungen für die Konsumgenossenschaften.
Die Entscheider bei den einzelnen Konsumgenossenschaften verfolgten unterschiedliche Strategien, um ihre Unternehmen zu sichern, die einen fusionierten, andere verkleinerten sich radikal, suchen das Joint Venture, die Kooperation oder die Nutzung von Franchisesystemen, andere wiederum suchten und fanden ihre Nische im Angebot von regionalen und qualitativ hochwertigen Angeboten.
Die Zentralkonsum eG steht in der Traditionslinie des 1903 gegründeten Zentralverbandes Deutscher Konsumvereine, 1949 wieder gegründet als Verband der Konsumgenossenschaften der DDR (VdK), 1999 umbenannt in Konsumverband eG und 2008 umbenannt in Zentralkonsum eG.
Für ihre Mitglieder – zehn Konsumgenossenschaften, fünf gewerbliche Genossenschaften, eine Raiffeisengenossenschaft, drei Kreditgenossenschaften, zwei Agrargenossenschaften sowie zehn Gesellschaften – leistet die Zentralkonsum eG Lobbyarbeit, nimmt Einfluss auf politische Willensbildung und Entscheidungen, erbringt Beratungs-, Organisations- und Bildungsleistungen und ist zugleich Plattform für Kontakte und Erfahrungsaustausch.
Ihr finanzielles Rückgrat sind die Industrietöchter Bürstenmann GmbH, Stützengrün, Röstfein Kaffee GmbH, Magdeburg, die Hotelunternehmen Berghotel Oberhof sowie Hotel Dorotheenhof Weimar, die Gewerbeimmobilie Neue Kauffahrtei Chemnitz und die Dienstleistungsunternehmen LiCo LiegenschaftsConsult GmbH und IBVG Industrie-Beteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH sowie die KONSUM SHOP GmbH.