Außergerichtlicher Vergleich als hinreichender sachlicher Grund für eine Befristung


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2003, 7 AZR 666/02

Vereinbaren die Parteien im Streit um die Wirksamkeit einer Befristung außergerichtlich eine weitere Befristung, so ist diese nicht mehr vor dem Gericht angreifbar.

Die Arbeitnehmerin (Klägerin) war seit 1991 auf Grund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beim Arbeitgeber (Beklagter) beschäftigt. Sie führte einen Rechtsstreit gegen den Arbeitgeber wegen der Wirksamkeit der (vor)letzten Befristung. Während dieses Rechtsstreits schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag u. a. mit der Maßgabe: "Die Mitarbeiterin wird ab .... eingestellt als Zeitangestellte bis zum 31.7.1999". Die Befristung wurde begründet mit Schwangerschaftsvertretung bzw. erhöhtem Arbeitsanfall. Weiter vereinbarten die Parteien: "Die Arbeitnehmerin nimmt ihren vor dem Arbeitsgericht anhängige Klage (mit der sie die Unwirksamkeit der vorherigen Befristung geltend gemacht hatte) zurück".

Im jetzt zu entscheidenden Rechtsstreit machte die Arbeitnehmerin geltend, die in diesem Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung sei unwirksam. Sie sei unbefristet beschäftigt.

Dem hat das BAG nicht zugestimmt. Das BAG sieht die Befristung schon deswegen gerechtfertigt, weil sich die Parteien im Stadium einer rechtlichen Auseinandersetzung über die Wirksamkeit einer vorherigen Befristung verständigt haben und im Wege gegenseitigen Nachgebens eine Einigung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gefunden haben. Der in dem neuerlichen Arbeitsvertrag zum Ausdruck gekommene außergerichtliche Vergleich über die Frage der Befristung reicht als sachlicher Grund zur Rechtfertigung der Befristung aus.

Dies galt schon in der bisherigen Rechtsprechung des BAG so. Voraussetzung dafür sei, dass die Parteien gegensätzliche Rechtsstandpunkte darüber eingenommen haben, ob bzw. wie lange noch ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen besteht. Schließen die Parteien in dieser Situation einen weiteren befristeten Vertrag, so stellt das gegenseitige Nachgeben den sachlichen Grund für die Befristung dar. Zwar verdient der Arbeitnehmer in seiner wirtschaftlich schwächeren Position grundsätzlich den Schutz der arbeitsgerichtlichen Kontrolle eines Vertrages. Dieses Schutzes bedürfe es aber nicht mehr, wenn bereits ein offener Streit zwischen den Parteien über den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses besteht. Es könne dann nicht mehr angenommen werden, dass gegebenenfalls durch die Vereinbarung der Befristung der dem Arbeitnehmer grundsätzlich zustehende gesetzliche Kündigungsschutz umgangen wird.

Dies hat das Gericht in dem vorliegenden Urteil für die außergerichtliche Einigung der Parteien entschieden. Für die Einigung in Form eines gerichtlichen Vergleichs ist seit 2001 durch § 14 Abs. 1 Nr. 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt, dass gerichtliche Vergleiche – bei denen die Umgehung des Kündigungsschutzes als bereits durch das Gericht kontrolliert gilt – einen sachlichen Grund für die Befristung darstellen.

Abschließend stellt das Gericht noch klar, dass die außergerichtliche Einigung auch dann als Rechtfertigung wirksam ist, wenn sie nicht ausdrücklich im Befristungsvertrag genannt ist, sondern nur die Vertretung bzw. der erhöhte Arbeitsanfall. Denn es reicht aus, wenn zurzeit des Vertragsschlusses der Befristungsgrund objektiv gegeben ist – als Begründung in den Vertrag aufgenommen zu werden braucht er nicht.